Umfrage: Selbständige in der Kultur- und Kreativwirtschaft am Limit

PCI und Kreative Deutschland veröffentlichen Ergebnisse einer bundesweiten Befragung Selbständiger in der Kultur- und Kreativwirtschaft

Kuchendiagramm
42 Prozent der Selbständigen verzeichneten 2020 Umsatzrückgänge von über 70 Prozent | Grafik: PCI / Kreative Deutschland

Die Kultur- und Kreativwirtschaft gehört zu den wirtschaftlich am stärksten durch die Corona-Pandemie betroffenen Branchen. Um Bilanz zu den wirtschaftlichen Auswirkungen auf Selbständige für das Jahr 2020 zu ziehen, führten das Netzwerk Promoting Creative Industries und der Bundesverband Kreative Deutschland eine bundesweite Umfrage unter Selbständigen durch. Die MFG Baden-Württemberg unterstützte die Umfrage. Die Ergebnisse sind als Präsentation über diesen Link verfügbar: https://bit.ly/coronabilanz-kreativwirtschaft

Die wichtigsten Ergebnisse in Kürze

  • 83 Prozent der Selbständigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft geben an, dass die Krise im Jahr 2020 sehr negative oder eher negative Auswirkungen auf ihre Selbständigkeit hatte
  • Selbständige haben substantiell Rücklagen aufgezehrt
  • Selbständige erwarten eine wirtschaftliche Erholung erst für das Jahr 2022
  • Die Coronakrise war ein Booster für Kooperationen innerhalb der Kultur- und Kreativwirtschaft und hat der Branche einen Digitalisierungsschub verliehen
  • Gründer*innen blicken (noch) pessimistischer in die Zukunft und haben sich im vergangenen Jahr öfter eine abhängige Beschäftigung gesucht als Selbständige, die schon länger am Markt sind
  • 52 Prozent der Selbständigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft sehen ihre wirtschaftliche Existenz stark oder sehr stark gefährdet
  • Der Kultur- und Kreativwirtschaft droht ein Braindrain

Umsatzrückgänge

42 Prozent der Selbständigen verzeichneten 2020 Umsatzrückgänge von über 70 Prozent, die in direktem Zusammenhang mit der Corona-Pandemie standen. Zum Vergleich: Im Frühjahr letzten Jahres rechnete jede*r Fünfte mit Umsatzverlusten von über 50 Prozent. Die Umsatzverluste fallen damit für viele deutlich drastischer aus, als zu Beginn der Pandemie angenommen.

Reaktionen auf die Krise

Ein Großteil der Selbständigen zehrte 2020 Rücklagen auf. Dies wird sich langfristig auf die Innovationskraft und soziale Absicherung der Selbständigen auswirken. Als Bewältigungsstruktur wollen viele Selbständige auch in Digitalisierung investieren, gleichzeitig fehlt hierfür inzwischen das Kapital. Staatliche Programme, die Digitalisierungsvorhaben von bis zu 10.000 Euro bezuschussen sowie Kreativunternehmen zu digitalen Geschäftsmodelle beraten und weiterbilden, würden daher dem Bedarf der Selbständigen entsprechen und sind künftig von besonderer Relevanz. 

Viele Selbständigen reagierten agil auf die Krise und

  • entwickelten neue künstlerische bzw. kreative Ideen und Projekte,
  • stellten ihr Geschäftsmodell um bzw. erweiterten dies,
  • bildeten sich weiter,
  • brachten neue Technologien zur Anwendung,
  • optimierten Arbeitsabläufe,
  • digitalisierten ihre Angebote und
  • erschlossen neue Netzwerke bzw. Kundengruppen.

4 Prozent der Befragten geben an, dass sie im Jahr 2020 ihre Selbständigkeit aufgegeben haben. Für das Jahr 2021 geben 13 Prozent der Selbständigen an, dass sie ihre Selbständigkeit aufgeben werden. Ebenso viele geben jedoch an, ein neues Unternehmen gründen bzw. mitgründen zu wollen. Mehr als jede/r fünfte kündigt an, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen zu wollen.

Maßnahmen zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz

Für die meisten Befragten stehen ein Unternehmerlohn bzw. ein Grundeinkommen unabhängig vom Familieneinkommen an erster Stelle, um ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern. Für viele ist auch der Austausch mit anderen Selbständigen eine wichtige Unterstützung. Auch Beratungs- und Weiterbildungsangebote, finanzielle Unterstützung für Betriebskosten und Investitionen in Innovation und Digitalisierung und Beratungsförderung werden als sinnvolle Unterstützung befürwortet. Öffnungsperspektiven, die die Wiederaufnahme der künstlerischen und kreativen Arbeit erlauben und Planungssicherheit geben, werden ebenfalls als Voraussetzung für die Sicherung der Existenz genannt.

Ergebnisse für Baden-Württemberg

Die Auswertung der baden-württembergischen Daten kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie die bundesweite Bilanz. Im Vergleich bewerten die baden-württembergischen Kreativen ihre Umsatzrückgänge rückblickend für 2020 schlechter, zeigen sich aber mit den Förderprogrammen zufriedener als der Bundesdurchschnitt. In Baden-Württemberg rechnen allerdings weniger Kreative mit einer wirtschaftlichen Erholung in 2021. Da die aktuellen Wirtschaftshilfen bis Mitte des Jahres angelegt sind, verdeutlicht die Einschätzung der Branche die Notwendigkeit einer frühzeitigen Verlängerung.

Hinweise zur Befragung

An der Befragung nahmen 2.006 Selbständige aus dem gesamten Bundesgebiet im Zeitraum von 13.01.2021 bis 4.02.2021 teil, die sich der Kultur- und Kreativwirtschaft zuordnen. Der Link zum Onlinefragebogen wurden einem breiten Netzwerk aus Förderinstitutionen und Verbänden zur Verfügung gestellt und über deren digitale Kommunikationskanäle geteilt. Der Fragebogen wurde mit freundlicher Unterstützung des Lehrstuhls für Methoden der empirischen Sozialforschung der TU Dresden erstellt. An der Umfrage nahmen ganz überwiegend Selbständige ohne Beschäftigte teil, darunter 74 Prozent Solo-Selbständige und 13 Prozent Selbständige, die (auch) mit anderen Selbständigen im Verbund arbeiten. 

Quelle:
MFG / Promoting Creative Industries (PCI) / Kreative Deutschland

Mehr Infos:

Umfrage: https://bit.ly/coronabilanz-kreativwirtschaft 
Promoting Creative Industries (PCI) 
Kreative Deutschland

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