Die Filme der Regisseurinnen im Debüt-Spielfilmwettbewerb sind wie Seismographen für die Analyse unserer gesellschaftlichen Zusammenhänge. Sie zeigen wo wir privat und politisch verortet sind. Es sind Erstlingswerke, denen der Mut zum Ausprobieren, zum Spielerischen innewohnt und sie zeugen zugleich von großer visueller Kraft und erzählerischer Stärke; viele haben ihre Premieren auf den großen Festivals wie Berlin, Cannes, Venedig und Locarno gefeiert.
Acht aktuelle Spielfilme sind für den Internationalen Debüt-Spielfilmwettbewerb nominiert, der mit einem Preisgeld von 10.000 Euro dotiert ist. Die Filme stellen uns starke Protagonistinnen vor und erzählen von Zuversicht und Chaos, von schicksalhaften Entscheidungen und unerwarteter Solidarität. In ihren Schilderungen vom Kampf um Unabhängigkeit und Selbstbestimmung entstehen viele magische Momente von hypnotischer Kraft. Vertreten sind fünf Kontinente mit den Ländern Australien, Belgien, Brasilien, Deutschland, Kasachstan, Marokko, Taiwan und Zypern, darunter drei Deutschlandpremieren.
In der Jury werden in diesem Jahr die Produzentin Claudia Steffen (CEO Pandora Film), die Schauspielerin Luise Wolfram (»Tatort« Bremen, »Charité«, »Aenne Burda«) und die Kuratorin Chen Huei-Yin (Women Make Waves Festival, Taiwan) über die Preisvergabe entscheiden.
Wettbewerbsauswahl
A FEBRE (R: Maya Da-Rin, Brasilien/Frankreich/Deutschland, 2019, 98’)
Der 45-jährige Justino gehört dem indigenen Volk der Desana an und arbeitet als Wachmann am Hafen von Manaus. Als sich seine Tochter darauf vorbereitet, in Brasília Medizin zu studieren, wird er von einem geheimnisvollen Fieber befallen. Mit hypnotischer Bildsprache taucht der Film in Justinos Lebensrhythmus ein und nimmt uns mit auf die Reise in seine Träume. Darstellerpreis für Regis Myrupu beim Locarno Film Festival.
Mi 25.3., 18.15 Uhr, Odeon
ADAM (R: Maryam Touzani, Marokko/Frankreich 2019, 98’)
Abla ist Witwe, Mutter einer kleinen Tochter und Bäckerin. Aus ihrem Fenster in Casablancas Altstadt verkauft sie Gebäck. Plötzlich steht Samia vor der Tür, hochschwanger und wohnungslos. Widerstrebend nimmt Abla sie auf und lässt ihr diszipliniertes Leben allmählich von den Backkünsten und der Lebenslust Samias bereichern. Preisgekrönter Film über Frauensolidarität. In den Hauptrollen: Lubna Azabal und Nisrin Erradi – Darstellerinnenpreis beim Durban IFFF.
So 29.3., 14 Uhr, Odeon
BABYTEETH (R: Shannon Murphy, Australien 2019, 118’)
Die 15jährige Milla schockt ihre liberalen Eltern als sie den drogensüchtigen Moses als neuen Freund präsentiert. Doch dann erkrankt Milla an Krebs und alle vier müssen sich auf das Unfassbare einstellen. In den losen Episoden der schrillen und charmanten Tragikomödie entfaltet sich ein neurotischer Familienkosmos. Nachwuchs-Darstellerpreis für Toby Wallace in Venedig.
Fr 27.3., 16 Uhr Odeon
CLEO (R: Eva Cools, Belgien 2019, 105’, Deutschlandpremiere)
Nur die Musik bietet ihr Zuflucht: wie ihr Vater, ein berühmter Pianist, hat auch Cleo großes Talent. Doch jetzt steht die 17-Jährige vor der großen Frage, wie man weiterlebt, wenn nichts mehr ist wie zuvor. Cleo hat einen Unfall überlebt, bei dem ihre Eltern starben. Sie taucht ab in der Clubszene Brüssels und trifft den älteren Leos, der sie auf unerklärliche Weise zu verstehen scheint. Atmosphärisch dichte Über-Lebens-Story mit einer tollen Hauptdarstellerin.
Gäste: Eva Cools und Hauptdarstellerin Anna Franziska Jäger
Sa 28.3., 20.30 Uhr Odeon
HEAVY CRAVING (R: Pei-ju Hsieh, Taiwan 2019, 90’, Deutschlandpremiere)
Ying-Juan ist 30, eine begnadete Köchin, hat einen schrägen Sinn für Humor – und wiegt 105 Kilo. Damit hat sie schlechte Karten in einer sich stetig selbstoptimierenden Umgebung. Ihre widerwillige Bereitschaft zu einer radikalen Diät mündet in einem spektakulären und turbulenten Kampf ihres geerdeten Ichs gegen die Glücksversprechen der body normativity.
Gast: Hauptdarstellerin Tsai Jia-Yin
Fr 27.3., 20.30 Uhr Odeon
MARIAM (R: Sharipa Urazbayeva, Kasaschstan/Deutschland 2019, 75’, Deutschlandpremiere)
In der kasachischen Steppe lebt Mariam mit ihrer Familie. Nach dem spurlosen Verschwinden ihres Mannes muss die Mutter von vier kleinen Kindern allein das Überleben sichern. Hartnäckig und gewitzt beißt sie sich durch. Sharipa Urazbayeva hat ihren Film aus den Erlebnissen einer jungen Frau entwickelt, die sie bei ihrer Arbeit fürs kasachische Fernsehen kennengelernt hatte: Meruert Sabbusinov, die auch für die Titelrolle dieser ungewöhnlichen und visuell beeindruckenden Emanzipationsgeschichte besetzt wurde. Gast: Sharipa Urazbayeva
Do 26.3., 20.30 Uhr Odeon
NACKTE TIERE (R: Melanie Waelde, Deutschland 2020, 83’)
Verloren in der deutschen Provinz und auf der Suche nach Halt finden sich fünf Jugendliche und leben nach ihren eigenen Regeln. Katja, Sascha, Benni, Laila und Schöller – sie rennen ineinander hinein, voneinander weg. Sie küssen sich, sie schlagen sich. Sie lieben sich. Doch nach diesem Winter und dem Ende der Schulzeit werden sich ihre Wege trennen. Ein Film über die Lebensphase, in der man die Welt erobern könnte. Und über den Schmerz des Abschieds, all das hinter sich zu lassen, für etwas, das man noch gar nicht kennt. Gast: Melanie Waelde
Sa 28.3., 16 Uhr Odeon
PAUSE (R: Tonia Mishiali, Zypern/Griechenland 2018, 96’)
Elpida hat einen kritischen Punkt in ihrem Leben erreicht – ihre Sehnsüchte, der Wunsch nach Liebe und die Veränderungen ihres Körpers boykottieren zunehmend die Routine, mit der sie über Jahrzehnte eine lieblose Beziehung und eine misogyne Umwelt ertragen hat. Ihre Vorstellungskraft schlägt Kapriolen und führt sie an den Rand einer Katastrophe. Folgt nach der »Pause« der Neustart? Tolle Leistung von Hauptdarstellerin Stella Fyrogeni, die ihre Figur zwischen Verbitterung, Tagträumen und schwarzem Humor manövriert. Gast: Tonia Mishiali (Nur in Köln)
Mi 25.3., 20.30 Uhr Odeon
Sa 28.3., 18 Uhr Schauburg Dortmund
Quelle: Internationales Frauenfilmfestival
Mehr Infos: