Einigermaßen spektakulär ist schon die Entstehungsgeschichte des MFG-geförderten Dokumentarfilms „Robin Bank“, der kürzlich auf den Hofer Filmtagen Deutschlandpremiere feierte und dort eine „Lobende Erwähnung" der Jury erhielt. Denn als die Stuttgarter Produktionsfirma Indi Film (Produzent: Arek Gielnik) sich entschließt, zusammen mit Partnern von Gusano Films, Barcelona, und Regisseurin Anna Giralt Gris ein Porträt über den spanischen Aktivisten Enric Duran zu drehen, ist dieser wegen eines EU-weiten Haftbefehls wegen Betrugs bereits flüchtig und untergetaucht. Der früher in der spanischen Antiglobalisierungsbewegung engagierte Duran hatte im Jahr 2008 stolze 480.000 Euro bei Dutzenden von Banken als Kredit geliehen und an (bis heute unbekannte) soziale Projekte weitergegeben anstatt sie zurückzuzahlen. Dies war noch vor der großen Bankenkrise, aber schon damals hatte sich Enric Duran als moderne Version eines Robin Hood in Teilen der spanischen Bevölkerung viel Bewunderung erworben und wurde zum Medienstar. Vor dem endgültigen Urteil der Richter in Barcelona flüchtete er in den Untergrund, wo er bis heute lebt – bald zehn Jahre lang.
Ein Phantom wird im Kinosaal sichtbar
Die Zuschauer*innen der Baden-Württemberg-Premiere von „Robin Bank“ konnten Enric Duran dennoch live erleben – dank Videotechnologie zugeschaltet von einem unbekannten Ort. Auch Regisseurin Anna Giralt Gris war online zu sehen und befragte ihren Protagonisten nach dessen aktuellem Zustand, seinem Blick auf ihren Film und was er als früherer Aktivist auf den Straßen Spaniens über die Aktionen der so genannten „Letzten Generation“ von Klimaschützer*innen denkt. Zu Letzterem äußerte Duran sich insofern skeptisch, dass er nicht glaube, dass mit den Aktionen in Museen und auf Straßen das ungerechte Wirtschaftssystem verändert würde, das verantwortlich für die Umweltzerstörungen sei. Dazu müsste die bisherige, sozial ungerechte Wirtschaftsordnung quasi an ihren Wurzeln geändert werden, sagte Duran, der – ebenso wie im Film – noch immer unbeirrt und kämpferisch wirkt, obgleich er für seine Bankenaktion einen hohen Preis zahlt.
Enric Duran will weiter gegen Ungerechtigkeit kämpfen
Der Verzicht auf ein komfortables, bürgerliches Privatleben falle ihm nicht schwer, betonte Duran bei der Zuschaltung in das „Cinema“ in der Stuttgarter Innenstadt – das drohende Risiko war ihm bewusst, als er sich zu seinem Kreditschwindel entschloss. Die im Film angekündigte, weitere spektakuläre Aktion Durans lässt indes auch zwei Jahre nach Abschluss der Dreharbeiten auf sich warten.
Zum Schluss konnten die Regisseurin und der etwas phantomhaft aus unbekannter Ferne zugeschaltete Duran doch noch sehen und hören, dass das Stuttgarter Publikum ihren Dialog aufmerksam mitverfolgt hatte. Der Dokumentarfilm „Robin Bank“ läuft dank des Stuttgarter Camino Filmverleihs seit dem 10. November in deutschen Kinos.
Zum Film: Man nannte ihn den Robin Hood der Banken: Enric Duran narrte 2008 die Finanzwelt, indem er sich Kredite in Höhe von einer halben Million Euro erschlich, nie zurückzahlte und damit soziale Projekte unterstützte. Duran tauchte unter und lebt bis heute im Exil, Staatsanwaltschaft und 16 Banken fordern seine Haftstrafe. Regisseurin Anna Giralt Gris gelingt es, den Aktivisten aufzuspüren und seine faszinierende Geschichte nachzuerzählen.
Quelle: MFG
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